Fisherman Franka hat den Kaffee gekocht. Er hat ihn gut gemacht. Harmonisch und bekömmlich. Er musste ihn jedoch zuerst zähmen. Die Onko-Faust hat er abgerissen und sie in den Bio-Müll geschmissen. Er weiß, wie man mit Fäusten umzugehen hat! Fisherman Franka war in den 30ern mal ein Boxer und musste sich in seinem Revier behaupten. Er biss damals viele tot. Denn mit Boxer meine ich einen Hund. Er war damals ein Hund. Die Nachbarspudelrotte war sein ständiger Rivale. Die Pudeldame war riesig groß und brachte alle paar Tage Nachschub. Sie war eine Gebärmaschine, ein Hauptpudel! Und jede Generation Pudel wurde stärker. Irgendwann konnte Fisherman Franka dem nicht mehr Paroli bieten und er ließ sich kaputt machen von der Rotte. Dann wurde er als Mensch wieder geboren. Und so kommt es, dass er heute in Menschengestalt diesen wundertollen Kaffee kochen kann. Hut ab!
Die Onko-Faust versucht sich aus dem Mülleimer zu befreien. Sie kraxelt herauf und springt Fisherman Franka in der Küche mit vorgestellten Fingernägeln in die Fresse. Doch Fisherman Franka stößt sie mit seiner Zunge weg. Er hat eine enorme Zunge, denn er lebte auch mal als Chamäleon. Aber das ist sehr, sehr lange her. Aber die Zunge hat er noch. Die Faust knallt in die Ecke und wird bewusstlos. Ihre Fingernägel rollen sich nach außen. Fisherman Franka schneidet die Faust mit der Brotmaschine in Scheiben und legt sie als Beilage zum Kaffee auf einen Extra-Teller mit Bockwurst. Voilà!
Derweil begibt sich folgendes in der Wohnstube: Sandro krächzt auf dem Teppich wie ein Wellensittich. Vaginalia Sozialistica, die Hauskatze des Fisherman Franka, hat ihn bereits erspäht und geht in Lauerhaltung. Sie mag Vögel fressen - aber so einen komischen Vogel hat sie noch nie gesehen. So dick und ohne Flügel. Sie tigert um ihn herum und weiß nicht so recht, wo sie zuerst reinbeißen soll. Hmmmmn, vielleicht in den saftigen Knackpo? Oder doch in das gelenkige, sportliche Genick? Sandro sieht, dass er in Gefahr ist. Er steht sofort auf und setzt sich auf den Sessel. Vaginalia Sozialistica bekommt umgehend höllischen Respekt vor ihm, denn er präsentiert sich nun als stattlicher Mann. Sie schaut ihn an und weiß, dass Menschen mehr wert sind als Tiere und sie muss sich als Tier nun unterordnen. Sofort springt sie mit einem Tapps hinter den Beistelltisch und befördert ihr Spiel-Wollknäuel zu Tage. Sie rollt es Sandro vor die Füße - doch dieser hat momentan keinen Bock auf Rumspielen! "Dreckskatzen...", denkt er bei sich und befiehlt ihr mit folgendem Satz, sich etwas mehr zurückzuhalten: "Katze! Ruhig!" Vaginalia Sozialistica zieht sich zurück und lebt fortan ein ruhiges Katzenleben. Sie freut sich, dass sie bald auch wieder Tee kochen kann.
Mit vollem Tablett voller Kaffee und Onko-Faust-Spuren im Gesicht betritt Fisherman Franka seine Wohnstube. Er hat sich nochmal schnell hübsch gemacht, denn wenn er Kaffee trinkt, möchte er wie eine ältere Dame wirken. Kuchen kann er seinem Sohn Sandro leider nicht bieten - das würde dann auch zu schwul wirken. Er setzt sich mit übereinander geschlagenen Beinchen auf das Sofa und reicht Sandro eine Tasse. "Trink es - es wird dich stärken!", grunzt er ihn an wie ein Tier. Sandro schlürft gemütlich aus der Tasse und schaut dabei äußerst bekömmlich drein. Fisherman Franka stiert ihn voller Wolllust an - mit der Wolllust, die nur ein Vater seinem Sohn entgegenbringen kann. Harter Tobak, Leser - aber es ist keine sexuelle Wolllust - sondern das Vatergefühl, seinem Sohn zuzuschauen und ihn unter Umständen zurechtzuweisen. Kontrollwut herrscht in der Stube! Es ist die Erziehungslust des gesetzlichen Vertreters, genauer: des Erzeugers.
Der Kaffee schmeckt verdammt gut. Fisherman Franka sagt: "Schmeckt er?" Sandro lächelt und sagt: "Er schmeckt verdammt gut!" Fisherman Franka freut sich über das Kompliment und kontert mit einem freundlichen "Danke, Sohn!" Beide sind nun total lieb zueinander und freuen sich, am Leben zu sein. Die Welt ist toll und es ist muckelig warm in der Stube. Die Katze schnurrt hinterm Ofen. Doch dunkle Wolken ziehen auf. Sie verbreiten sich unter der Stubendecke. Denn was Fisherman Franka nun behaupten muss, setzt der ganzen Situation die Krone auf. Er sagt: "Sandro, ich habe dich angelogen. Das Amulett kann gar nichts."
Sandro lässt die Kaffeekrümel aus seinem Mund fallen, denn damit hat er nicht gerechnet. Ein Spuckefaden bahnt sich seinen Weg Richtung Teppichsaum. Doch ehe er ihn erreichen kann, hat sich Fisherman Franka galant unter ihn bewegt und ihn mit seiner Zunge abgefangen. Dafür langt er seinem Sohn Sandro eine, denn in seiner Wohnung wird nicht rumgespuckt! "Tut mir leid, hab dich angelogen!", wiederholt er. "Ja, und nun?", fragt Sandro mit großen, wässrigen Augen. "Jetzt ändert sich die Geschichte."
Und so sitzen sie weiterhin dort und lassen es sich gut gehen. Die Nacht ist sehr weit fortgeschritten. Der Nachtmond wuchert prall und gelb wie ein eitriger Pickel im Gesicht eines unreinen Teenagers.