Freitag, 20. Februar 2009

Es ist Karneval in Köln..

..und ich gehe als Amelie Poulain aus "Die fabelhafte Welt der Amelie". Solch ein herzensgutes, junges Fräulein - ich bin bin verliebt und wäre gerne wie sie.




Meint ihr, ich würde was aufs Maul kriegen, wenn ich mich als Amelie mit einem Löffel in der Hand in den Kölner Karneval stürze? Es dürfte so ziemlich die billigste Verkleidung diese Saison sein!

Sonntag, 1. Februar 2009

Heinz Strunk singt "Computerfreak"

Heinz Strunk, nun freu dich!
Ich verlinke dich, du cooler Typ.

Supermarktgeschichte

Hier folgt nun eine Geschichte, die ich 2005 geschrieben habe. Sie hat ein paar Schwächen - aber naja, ich muss alles hier verwerten, damit ich nix Aktuelles reinschreiben muss.


Schon beim Betreten des Supermarktes ernte ich den vertrauten und treuen Blick eines zottigen Kampfteckels. Mir wird weich ums Herz und ich beuge mich leicht hinab, um Hand anzulegen. Sofort schnappt das schlecht erzogene Vieh nach mir und ich weiche ab. Ich krame eine 1-Euro-Münze aus den Tiefen meiner Jeans, wende mich der Einkaufswagenkette zu und warte, bis ein cooler Typ - komplett in lederner Motorradkluft - seinen Wagen abgestellt hat. Wahrscheinlich so ein ganz braver Bankangestellter. Und nun nach Feierabend lässt er die dreckige Born-To-Be-Wild-Masche raus. Fast so schlimm wie im Sommer zu Tour-De-France-Zeiten diese Bürokaufmänner mit total professionellen Jan-Ullrich-Klamotten auf ihrem total schnellen, supiteurem Rennrad, die mit 15 km/h die Straßen entlangtrödeln und dabei profimäßig verzerrt gucken. Einmal so sein wie die im Fernsehen bei der Tour De France. Yeah, Baby! Egal. Münze eingesteckt und Kette gelöst. Schnell noch die ca. 5 kg Einkaufsprospekte aus dem Einkaufswagen geholt und vor den supermarkteigenen Papiercontainer geworfen – anschließend begebe ich mich voller Elan in das Jagd- und Sammelrevier konsumgeiler Hausfrauen und gelangweilter Rentner.

Direkt erstmal zum Frischgemüse. Eine Öko-Schlampe mit recht günstigen Sandaletten – dafür aber mit angenehm langen und schlanken Beinen - steht bei den Strauchtomaten. Diese muss ich zufällig auch haben, beschloss ich ganz spontan - da ich mir neuerdings den Salat total gesundheitsbewusst und so selbst mixe - greife an ihr vorbei zu den Schattengewächsen und berühre dabei - selbstverständlich unbeabsichtigt und auch nur ganz, ganz leicht und erotisch knisternd - mit meinem Becken ihr Hinterteil. Sie dreht sich ein wenig, um zu schauen, welcher Frechdachs sich denn da so vordrängelt, verfällt aber beim Anblick meines lieblichen Gesichtes sofort in ein leichtes, beschämtes Grinsen. Ich bedanke mich für die Großzügigkeit, mir Vorlass zu gebieten und lege die Strauchtomaten in meinen Wagen.

Als ich mich dem Milchregal nähere – den Blick noch immer auf die Greenpeace-Robbenliebhaberin gerichtet – spüre ich plötzlich, wie mein Einkaufswagen sanft von einem weichen Puffer zurückprallt. Ein Blick nach vorne verrät mir, dass ein etwa 1,5-qm-großer Breitarsch diesen Effekt verursachte. Das sperrige Geschoss dreht daraufhin sofort die dazugehörige, mondförmige Fratze in meine Richtung und eine undefinierbare, bleiche Schwabbelmasse – ihr womöglich doch nicht vorhandener Ehebrocken würde dies liebevoll als „Gesicht“ bezeichnen - schaut mich vorwurfsvoll an. Ich zucke nur charmant mit den Achseln, stammel ein betroffen geheucheltes „’tschuldigung.“ und wende mich mit gespieltem Interesse dem naheliegenden Gurken-im-Glas-Regal zu. Etwas verstohlen schiele ich immer wieder auf die breite, schwitzende Milchkuh, die wohl noch immer erwägt, ob sie nun von der 0,5- oder doch von der 4,5-Prozentigen nehmen soll. „Bei deinen Natureutern kannst du dir den Scheiß doch direkt ins Maul spritzen!“ – denke ich und schaue mir wieder einige Gurkengläser mit abgelaufenen Haltbarkeitsdaten an. Bei genauerem Betrachten entdecke ich einige interessante, neumodische Lebensformen, die sich in der Gurkensuppe romantisch aneinanderkuscheln und mich mit ihren schwarzen Augen sehnsüchtig anglotzen.

Ich erwäge, zunächst dann doch erstmal in Richtung Käseregal zu schlendern, vorbei an einer alten Dame, die wohl schon zu Bismarcks Zeiten Magermilchjoghurt en gros in ihr Speiserohr kippte, welcher ihr nun unaufhörlich aus den Ohren suppt – und genauso riecht es auch. Ich werfe unbeeindruckt dessen und galant den guten Limburger in den Wagen, dazu die schmackhafte irische Butter und mache mich wieder zurück auf den Weg zum nun (endlich) freien Milchregal. Meine ersehnten zwei Liter Kuhsaft platziere ich sorgfältig neben den Limburger. Die Milchkuh von vorhin hat mittlerweile anscheinend die langbeinige Sandalettenemanze bei den Strauchtomaten vertrieben.

Nun sind die Pfandflaschen an der Reihe. Zum Glück wurde seit einigen Monaten ein kleiderschrankgroßer Pfandautomat installiert, der allerdings jedes Mal voll ist, wenn ich mein Leergut loswerden möchte. Ein kurzer Ruf zur naheliegenden Fleischtheke und die dort arbeitende Wurst mit Gesicht zieht ihre feuchten Grabschfinger aus dem toten Schwein, stapft unfreundlich an und leert den Automaten für mich. Ich bedanke mich höflich. Diese Menschen haben es ja nun auch nicht leicht im Leben. Zwei Beutel habe ich zu leeren. Ich lasse mir Zeit. Ein stinkendes, etwas verwirrt aussehendes, zitterndes, in sich hinein nuschelndes und schlecht rasiertes Gestell mit Augenringen nähert sich mir, eine Dutzend Weinflaschen in seinem Einkaufswagen, und betrachtet die todschicken und brandneuen Schnürsenkel im Regal neben dem Pfandautomaten. Pfand-Bon raus und ab zu den Gefriertruhen.

Gefriertruhen haben es bekanntlich an sich, Singles anzuziehen. Es ist fast so als ob ein Magnet in ihnen montiert ist, welches scharenweise ungeficktes oder fickwilliges Menschenmaterial anzieht. Minutenlang stehen sie mit gebeugten Körpern vor den horizontal angebrachten, schiebbaren Glasscheiben und starren vermeintlich interessiert auf die neuesten, tollen Tiefkühlpizzas - denken dabei aber eigentlich an möglichst lange und dicke Baguettes mit Vorderschinken - und ach ja, sie versuchen dabei möglichst sexy auszusehen. Dieses Spiel mache ich mit, denk ich mir und kreise einige Runden um die Kühltruhen herum, bis mich eine Packung Frost-Paella fesselt – bzw. weil auf der gegenüberliegenden Seite ein süßer Studentenschlitten mit roten Bäckchen steht und naserümpfend überlegt, welches Fischstäbchen es denn heute abend bitteschön sein darf. „Hoffentlich meines..“ denke ich mir leicht grinsend und öffne auffällig laut die Scheibe zum Paella-Tütchen. Ein kurzer Blick zur Fischstäbchen-Spannerin – doch sie schaut nicht. Sie scheint tatsächlich, echten Hunger zu haben. Enttäuscht werfe ich die Paella-Tüte in den Wagen und schiebe ihn auffällig resignierend an der Studentin vorbei. Ich verkneife mir ein lautes "NA, DANN EBEN NICHT!" und denke stattdessen schelmisch: „Eine Chance bleibt mir noch – die Kasse! Irgendwann wird sie bezahlen müssen!“ und biege in die beliebte Reis-Nudel-Gasse ein.

Dort hockt eine Supermarkt-Angestellte. Recht jung. Ausländisch. Türkei oder sowas. Wahrscheinlich nur Azubi oder Aushilfe. Sortiert recht unbeholfen und unsicher einige Teesorten ein. Nicht weiter erwähnenswert. Leicht angewidert mache ich einen Bogen um die komische, fremdartige Person und lege Reis, Nudeln und Tomatensauce in den Wagen.

Schnell in die benachbarte Regal-Gasse – die mit dem Alkohol und den Tütensuppen. Dort finde ich drei halbstarke, supertrendy Buben mit rasierten Augenbrauen vor, die anscheinend gerade dabei sind, sämtliche verschiedene Alcopop-Sorten und Designer-Party-Bierplörre anhand eines recht ordinären und begrenzten Wortschatzes zu diskutieren. Ich schlängel mich hindurch und hole mir vier Flaschen Krombacher. „Kinder stinken nach Clearasil und Haribos.“ bemerke ich in mich hinein und lege noch eine Flasche Hohes C sowie eine Vanilla Coke in den Wagen - damit man nicht denkt, ich sei ein Säufer.

Ab in die nächste Regal-Street. Hygienartikel. Ein abartiges, solariumverkohltes Gestüt mit rosa Leggins, Plastik-Wimpern, Punk-Tolle (dass ich nicht lache!) und kunststoffverarbeiteten Papageienschaukeln (Kreolen) im schönsten Pink, wo ich mich frage, aus welchem Kaugummiautomaten sie die wohl gezogen hat, parkt ihr unansehnliches Hinterteil vor den atomverseuchten Labor-Schönheits-Crèmes. Auch ihre Brüste sehen leicht bearbeitet aus. War wohl beim Tittenschnitzer. „Ey, Uwääääää! Komma! Wat meinste, ey.. riecht die hier guhuuuuut?“ kreischt die augenklimpernde Disco-Sau und einer der halbstarken Haribo-Schänder kommt sofort bei Fuß und steckt seinen verpickelten, bazillonösen Kolben in eine Tchernobilia-Deluxe™-Crèmedose. „Nimm, Jaqueline-Schatzimausi, nimm! Bin wieda bei den Jungs!“. Er drückt ihr einen nassen Schmatz auf ihre Wange, woraufhin sie ihn unwirsch zurückstößt. „Ey, meinä Schminkäääää, mennooo!“. Ich rolle nur mit den Augen und greife nach Rasierschaum, Duschgel und Zahnpasta. Schnell noch Klopapier dazu und auf geht’s zur letzten Meile – Chips und Süßigkeiten.

Dort erwartet mich – eiderdaus – eine junge Mutter mit total modischem Kopftuch – an ihr klebt ihr plärrendes Geschmeiß. „WILL SCHOKIIIIIIIIIIIIIIIIIIIII, MÄMÄÄÄÄÄÄÄ!“ – „Nein! Du hast schon genug zuhaus, Claude-Oliver-Beckham-Baptiste-Jennifer-Bradpitt-Clooney!“ grunzt das junge Muttertier der Made zu und zerrt es vom Karies erzeugendem Teufelszeug weg. Ich schnappe mir direkt die extragroße Milka-Nuss-Schokolade. Das Blag schaut mich mit großen Augen an, doch ich strecke ihm die Zunge raus, lecke an der lila Packung und grinse zufrieden. Da fängt der kleine Scheißhaufen wieder an zu flennen. Die Mutter setzt es in ihren Einkaufswagen und verpisst sich schließlich und endlich aus meiner Gasse.

Und da erblicke ich sie wieder – die Studentin mit den roten Bäckchen, die hungrige Fischstäbchen-Fetischistin von vorhin. Ich erkenne in ihrem Einkaufswagen den eindeutigen Beweis, dass sie hundertprozentig Single ist: es liegt eine eine Minipackung Toilettenpapier darin – nur zwei Rollen! Die süße Dame ist gerade dabei, sich zur Kasse zu begeben! Das ist meine Chance! Ich MUSS hinter sie kommen! Oh mein Gott! Ich hechte los – doch mit dem Fahrtwind reiße ich aus Versehen eine Chipstüte aus dem Regal und lege sie zurück. In dieser Zeit jedoch rollt ein fetter Panzer seitlich vor die Kasse und versperrt mir komplett die Sicht auf die liebliche Angebetete. Es ist wieder jene Milchkuh von vorhin. „Diesmal fahr ich dir solange in den Arsch, bis die Würmer in deinem Darm Stalingrad ´42 feiern!“ denke ich, begebe mich aber nach kurzem Durchschnaufen vor Wut und abgrundtiefer Enttäuschung doch recht friedlich mit meinen Wagen hinter sie.

Eigentlich könnte ich nun einige Waren aus meinem Einkaufswagen einfach so einstecken – klauen! Die Kassiererin könnte das nicht sehen, da eine Wand aus purem Fett die Sicht auf mich versperrt. Aber ich bin ein Ehrenbürger und widerstehe dem. Stattdessen schaue ich nach rechts zur Wand, an der das Zeitungsregal befestigt ist. Ein langweiliger, verklemmt wirkender IT-Experte mit kurzem Igelschnitt, Brille und pockigem Gesicht ist gerade in einer CHIP-Zeitung vertieft, ein typisch nach Köln aussehender Mittzwanziger hält eine BILD-Zeitung in der Hand und ist total erstaunt über die neuesten, exklusiven Enthüllungen, dass Adolf Hitler die schwule Oma von Dieter Bohlen sei. Eine sehr traurig dreinschauende Grufti-Zische liest in der neuesten Rock Hard und richtet sich die absichtlich in ihre Netzstrumpfhose hineinmalträtierten Laufmaschen und Risse. Ein ca. 35 Jahre alter Typ mit Fahrradhelm grabscht sich das neueste YPS-Heft und freut sich ganz tierisch über das neue, supitolle Gimmick – ein verseuchtes Zauberpulver, mit dem man behinderte, missbildete Forellen züchten kann, die ab einer bestimmten Größe einfach so platzen und einem dabei Konfetti in die Fresse spritzen.

Ich wende mich wieder der Kasse zu. Mit Entsetzen muss ich feststellen, dass mein Studentenschatz bereits weg ist. Erneut verfluche ich die Milchkuh vor mir und wäre fast in sie hineingefahren. Mit verzogenen Mundwinkeln betrachte ich, was die Sau vor mir aufs Fließband legt. Mich wundert es nicht, dass sie sich doch für die 4,5-prozentige Milch entschieden hat. Da die Kassiererin mit dem meterhohen Haufen an kalorien- und fetthaltigen Konsumgütern noch etwas zu tun hat, schaue ich mich noch etwas um und erblicke draußen an der Scheibe die junge Studentin vorbeihuschen. Sie blickt mich an und ich gucke verschmitzt zu Boden. Als ich wieder aufschaue, ist sie verschwunden. Sie hätte ja wenigstens mal stehenbleiben können, die Scheibe vor Sehnsucht ablecken oder sie zumindest einschlagen können, um mich da rauszuholen! Weiber! So wird das nix – ihr müsst schon etwas zeigen, wenn ihr mich wollt! Ich denke „Püh!“ und bemerke, dass ich nun endlich an der Reihe bin und meine Klamotten aufs Band legen kann. Ein schneller Griff noch zu den Impulskaufartikeln – Kaugummis und Kinder Country – und die Dame an der Kasse zieht meine Waren über den Scanner.

Irgendwie sehen Kassiererinnen alle gleich aus. Alle weiße Haut und blaue Flecken, kaputte Fingernägel, knallrote Spülhände. Sie führen anscheinend alle keine glückliche Ehe. Es erweckt in mir den Eindruck, als seien sie allesamt mit gewalttätigen Männern zusammen. Viele haben auch nassen Ausschlag im Gesicht oder können noch nichtmal richtig Deutsch. Bemitleidend betrachte ich die Kassiererin und lege im gleichen Zuge die Waren in meinen Wagen zurück. „16,14 €“ zischt sie mir verstohlen entgegen und ich drücke ihr 20 Euro in die Hand. Fast hätte ich noch gesagt, dass sie den Rest behalten darf und sich dafür ein Busticket ins Frauenhaus kaufen darf, damit sie endlich von ihrem miesen Ehemann wegkommt, der sie so arg schändet und misshandelt. Sie gibt mir das Wechselgeld und stellt mir dann eine irritierende Frage: „Sammeln Sie Herzchen?“ - „Hä?“ denke ich. Herzchen? Wie bitte? Sind wir hier bei der Organspende oder soll das eine dezente Anmache sein? Ich schüttel leicht mit dem Kopf und bekräftige dies mit einem lauten „Nein, natürlich nicht!“. Sie schaut nur doof aus der Wäsche und steckt die Herzchen-Aufkleber-Rolle zurück. Ich habe als Kind mal Fußballsammelbildchen kollektiert – ja, sogar mal ein „Arielle – Die Meerjungfrau“-Klebealbum besessen – aber Herzchen? Ich glaube es hakt! Ich habe doch keine Lust, zuhause diverse Heftchen zu führen, um dann lustige Herzchen anzulecken und einzukleben. Auch habe ich keine Lust, dass meine Einkaufsgewohnheiten vom Supermarkt stasimäßig protokolliert werden – diese Herzchen dürfen sie sich gefälligst in den Allerwertesten schieben.

Entrüstet und gleichermaßen gedemütigt schiebe ich den Wagen an einen aufgebauten Tisch, packe mein Zeugs in die Tüten und verlasse den Ort des ganz alltäglichen Grauens.