Samstag, 25. Oktober 2008

Die Katze des Grauens




Fisherman Franka knippst das Licht an. Die kleine Glühbirne an der Decke wackelt, als hätte sie jemand berührt. Als wäre jemand hier gewesen – vor wenigen Sekunden. Sandro joggt ein Schauer über die Rückenlandschaft. Die dortigen Borsten vermögen nicht, der gänseligen Haut Einhalt zu gebieten. „Dort ist der Karton.“, nuschelt Fisherman Franka und zieht einen siffigen Pappwürfel hervor. Er klemmt ihn sich unter den Arm. „Komm, raus hier. Hoch in meine Bude. Dort zeige ich dir, was im Karton ist.“ Er zieht seinen Sohn nach draußen und schließt den Verschlag wieder zu. „Was sollte ich verschweigen? Was zum Teufel dürfen RTL oder die BILD nicht wissen? Hier war doch nix! Außer so ein ramdösiger Karton!“ Sandro ist sauer. „Du Narr! Verstehst du denn nicht? Es ist IM Karton. Ich habe entschieden, ihn oben zu öffnen. Hier unten sind wir nicht sicher. Wir sind nicht allein. Tom Hanks stört unsere Kreise.“ Sie verlassen das Kellergewölbe und fahren mit dem Fahrstuhl in den 5. Stock – eine Etage unter Sandros Wohnung.

Sie begeben sich vor eine Tür. Auf dem Namensschild prangt Schreiber – es ist mit Salzteigbuchstaben geschrieben. Fisherman Franka drückt den Klingelknopf. „Sie wohnen doch hier! Sie brauchen doch nur aufzuschließen.“ Sandro ist verwirrt. „Meine Katze wird öffnen. Ich habe sie erzogen. Sie ist 2 Meter groß, hat ein Geweih und fünf Arme. Sie ist das Ergebnis eines Untergrund-Labor-Projekts des hiesigen Genforschers Dr. Prof. Waldemar Wolfowitz von Ebertzhagen.“ Sandro guckt noch verwirrter. „Ich erzähle dir gleich mehr über das Projekt. VAGINALIA SOZIALISTICA, öffne die Tür!“ Ein Miauen ist zu vernehmen. Es kommt aus der Diele der Schreibers. Ein Tappsen und Kratzen und ZACK – die Tür öffnet sich. Sandro reißt die Augen auf!

Vor ihnen steht eine riesige Katze. Ihre Arme schwenken propellerartig vor sich hin. Sie hat unten 2 Beine und an den Seiten 2 Arme. Soweit relativ normal. Aber dann hat sie noch 3 weitere Arme. Ein Arm kommt aus der Stirn. Ein weiterer Arm kommt aus dem Bauch. Und der letzte Arm kommt aus einer Gegend, die eigentlich für etwas anderes gedacht ist – aber ich will das jetzt hier nicht weiter erläutern. An jedem dieser Arme hat sie menschliche Hände mit weißen Handschuhen – etwa so wie Mickey Mouse. Auf dem Kopf – über dem Arm an der Stirn – ragt ein Gebiss, wie das von einem Hirsch. Habe ich Gebiss geschrieben? Ich meine Geweih! Sorry. Die Katze steht aufrecht. Ihr Schwanz wedelt. Sie reißt ihr Maul auf und heraus schießt an einer Schiene ein weiteres, kleineres Gebiss, welches auf- und zuschnappt. „Keine Angst. Sie begrüßt dich. Sie mag dich!“ Sandro kippt fast um. „Sie nennen Ihre Katze Vaginalia Sozialistica?“

Fisherman Franka versetzt ihm einen Stoß in die Rippen. „Wieso dutzt du mich jetzt plötzlich? Ich bin doch dein Papa! Ja, ich nenne sie so. Andere nennen ihre Katze Muschi. Aber ich denke in größeren Dimensionen. Einer aus dem Volk, ein niederer Mensch nennt seine Katze Muschi. Eine Lichtgestalt, ein Retter Europas nennt seine Katze Vaginalia Sozialistica. Es ist zudem keine normale Katze. Es ist eine besondere Katze. Eine Katze, die anders ist als andere Katzen. Aber nun genug geplappert. Reingetreten, mein Sohn! Sandro, komm zu mir ins Wohnzimmer. Vaginalia Sozialistica, bereite den Tee vor! Es wird eine lange Nacht!“

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