Samstag, 25. Oktober 2008
Ich bin dein Vater!
Der Mann, der unter Sandro wohnt und jetzt eine Untertasse über den Kopf von Sandro hält, damit das blinkende UFO keine Angriffsfläche hat, überlegt kurz in seinem Kopf und schnalzt dann mit der Zunge. „Weißt du, Sandro – ich hab das alles nie gewollt.“ Sandro blickt herüber – sein Hals knackt. „Hä?“ Der Mann fährt fort. „Halt die Fresse, jetzt rede ich. Mein Name ist Fisherman Franka und das A habe ich mir beim Glücksrad gekauft. Ich komme aus Spanien und habe damals eine junge Dame kennengelernt. Es war 1941. Wir lagen mit Südkorea im Krieg und ich habe eine Wunde am rechten Bein, die zu ekelhaft ist, um sie der Öffentlichkeit – oder hier auf dem Balkon – herzuzeigen. Ich gehe nicht einmal mehr ins Schwimmbad, weil ich mich schäme. Aber ich trage diese Wunde auch mit Stolz.“
Sandro dreht seinen Kopf weiter nach hinten. So weit, dass es an den Film „The Exorcist“ erinnert. Es sieht gruselig aus. Sandro sieht aus wie Linda Blair. Nur als Mann und mit Luftgewehr. Das reimt sich!! „Was willst du mir sagen, Fischerman Franka?“ Fisherman Franka klatscht sich an den Kopf. "Ohne C - es heißt Fisherman, Sandro!" Doch woher wusste er das mit dem C? Sowas hört man doch nicht raus! Es ist mysteriös. Fisherman Franka führt seine Story weiter. „Diese junge Dame ist deine Mutter, Sandro. Ich habe mit ihr geschlafen. Sie brachte 2 Wochen später ein Kind zur Welt. Du bist mein Sohn. Du bist der Sandro, den ich in Spanien zeugte. Ich weiß noch… diese Nacht. Es war eine besondere Nacht. Südkorea marschierte ein. Sie wollten Westeuropa erobern. Portugal hatten sie bereits überrannt. Sie kamen von der Küste – über die USA. Deine Mutter ist Südkoreanerin. Sie hatten Frauen und Kinder dabei. Sie wollten sich sofort in Spanien festsetzen. Sie hatten unterirdischer Säle errichtet, in denen sie die Frauen hielten. Sie sollten Kinder zur Welt bringen, die sich sofort in Spanien verbreiten sollten. Ich war ein Bergbauarbeiter. Ich habe mit meiner Hacke ein Loch tief unten geschlagen und dort habe ich die heimliche Basis der Süd-Koreaner entdeckt. Dort lagen Frauen – viele sahen nicht so gut aus. Aber deine Mutter sah gut aus. Sie lächelte mich sofort an. Da war es um mich geschehen. Doch dann fiel ein Schuss. Er traf mich am Bein. Ich humpelte zu deiner Mutter und nahm sie Huckepack. Dann entschwand ich durch das Loch und kam wieder nach oben. Tageslicht! Ich hatte es seit über 5 Tagen nicht mehr gesehen. Es tat so gut. Die Südkoreaner hauten schließlich aus Spanien ab. Sie hatten ihre gefährlichste Waffe aus der Hand gegeben: deine Mutter, Sandro.“
Sandro schießen sofort wieder Tränen in die Augen. „Papa….“ Fisherman Franka erzählt weiter: „Ich bin ein weltberühmter Mann in Spanien. Du bist das Kind der Freiheit. Ich musste es geheim halten. Ich bin untergetaucht – damit mich niemand erkennt. Ich heiße in diesem Land Horst Schreiber. Aber ich bin eigentlich der Mann, der Europa rettete. Du bist nicht allein, Sandro. Ich bin da – dein Vater.“ Es zischt, wie wenn ein Laser-Schwert ausgeschaltet wird. Dabei ist es nur die Straßenbahn, die mit viel zu hohem Tempo durch den Kinderspielplatz hindurch rauscht.
„Wo ist meine Mutter heute?“ Sandro dreht seinen Kopf noch weiter, so dass er wieder nach vorne schaut. Die Kinder sind fort. Die Tauben zanken sich. Der Mond zieht eine Schnute, die wohl jeden dazu veranlassen würde, ihm eine reinzuhauen. „Deine Mutter… sie sitzt in dem UFO dort.“ Fisherman Franka zeigt in den Nachthimmel. „Sandro, leg das Gewehr weg. Du darfst sie nicht töten.“ Sandro tut es. Er möchte nicht noch mehr Unheil anrichten. Sein Blick senkt sich. Unten wackelt das LOVE-Mobil. Seine falsche Mutter hat Sex. Die Tauben versammeln sich um den Ort des Geschehens und kacken alles zu.
Fisherman Franka klopft Sandro auf die Schulter. „Komm, ich muss dir etwas zeigen, Sandro.“ Sie verlassen den Balkon. Das UFO entschwindet blinkend. Diese Nacht hat es in sich. Soviel steht fest.
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen